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Über die Projekte von Katja de Bragança

21. August 2014_Mit der Straßenbahn in eine unbekannte Region Kölns: Auf der Suche nach einer Adresse.
Irgendwo soll hier eine Performance sein, angeblich gibt es hier ein Tanz-Atelier.
Nach langem hin und her haben wir es endlich geschafft: Im Hinterhof ein kleines helles Paradies.
Licht, schöner Boden und an der rechten Wand eine Reihe Stühle, aufsteigend.
Man wird von einem attraktiven Herrn sehr herzlich auf Englisch begrüsst (wer ist das?!), ich nehme mir vor, mir diese Herzlichkeit&Professionalität abzugucken. Kann ja nicht so schwer sein, es sieht aus, als würde er es gerne und leichten Herzens können.
Irgendwann haben alle einen Platz, die Spannung steigt.
Wann geht’s los?
Ein junger Gast wird ungeduldig, er wippt auf dem Stuhl.
Und dann, endlich:
Der erste Tänzer betritt die Tanzfläche.
Er tanzt!
Und „Wo ist die Musik? Ich kann sie nicht hören“ das stellt der junge Gast fest, er ist zwischen drei und vier Jahre alt und sehr kritisch.
Recht hat er. Wo ist die Musik?
Keiner scheint sie hören zu können, nur der Tänzer.
Sein weißes Hemd rutscht aus der Hose, er bewegt sich so behende, dass ich mich frage: Hat er keine Knie? Wie geht das?
Und er scheint die Musik zu hören.
Wir sehen die Musik in seinem Tanz.
Der junge Gast akzeptiert diese Erklärung und entscheidet sich, weiter zuzusehen.
Der jüngste Gast macht seine eigene Musik und begleitet den Tanz:
Vaters Performance, souverän trotz oder gerade wegen extra-Töne und kritischer Kommentare des ältestens Sohnes.
Es wird eine Improvisation der besonderen und unerwarteten Art: Der Mann mit dem weißen Hemd lässt sich nicht aus der Ruhe bringen, er tanzt weiter.
Trotzdem baut er die Töne und die kritischen und unterstützenden Kommentare („Paul, go on!“) in seinen Tanz ein.
Irgendwie verliert er nicht den Faden – oder er hat diese Inspiration in dem Moment:
Die Reise geht weiter und irgendwann ist ein Dänischer Wikinger auf der Tanzfläche.
War er eingeplant? Oder hat er sich irgendwie materialisiert?!
Egal, er ist da.
Am Ende kann ich nicht sagen, wieviel Zeit (oder Zeitlosigkeit?) wir in diesem hellen Raum verbracht haben.
Die Zeit steht still. Das Publikum ist gebannt.
Der jüngste Gast macht weiter seine Töne und am Ende gratuliert der älteste Sohn.
Wie schön, dass der Tänzer mit und vor seiner Familie seinen Auftritt haben kann.
Dass er am Ende danken kann dafür: Paul Roberts mit weißem Hemd, stabilen Knien, unhörbare Musik, Mann und Vater und Tänzer.
Schön zu sehen, dass alles zusammen gehen kann, wenn man nur die Musik unsichtbar sein lässt.

Hier ist der Text auf English.

Katja de Bragança

Katja de Bragança ist 1959 in Norddeutschland geboren und dreht regelmäßig Kasper-Filme für ihre Enkel, 2 davon leben in Tasmanien. Sie ist in Goa (Indien) aufgewachsen und redet gerne mit fremden Menschen über den Tod. Ihre erste Erinnerung im Alter von zwei Jahren sind bayrische Gartenzwerge und sie träumt davon, endlich ein Lied auf dem Dudelsack spielen zu können. Am liebsten schreibt sie echte Postkarten, und gibt seit 1998 Jahren ein Magazin mit dem schönen Namen Ohrenkuss heraus. Sie findet Vorurteile interessant und hat das Bundesverdienstkreuz für ihre kreative Forschungsarbeit dazu bekommen. Sie lebt sehr gerne in einem Mehrgenerationen-Wohnprojekt und ist Hauptverantwortliche für das Wurmhotel »Prinz Albert«. Die meisten ihrer Arbeits-KollegInnen besitzen ein Chromosom mehr als sie, denn sie haben das Down-Syndrom, früher sagte man dazu »Mongo«. 2005 war sie mit der Ohrenkuss-Redaktion in der Mongolei. Seit 2015 leitet sie das Forschungsprojekt TOUCHDOWN21, dort verbindet sie edelgant* ihre Leidenschaft fürs Puppenspiel mit seriöser Fachlichkeit und freut sich auf weitere Reisen!

*Worterfinderin: Angela Fritzen

Kontakt
Dr. Katja de Bragança
Redaktion Ohrenkuss
Institut TOUCHDOWN 21
Dorothea-Erxleben-Weg 28
D-53229 Bonn

Was sagt der Experte?

»Ein Kuss ist tou [toll]. Küssen ist gut, schmedet nach Honig. Kuss ist wunderbar. Kuss ist schön. Kuss Mann und Frau ist Liebe.«

- Ohrenkuss-Autor Björn Langenfeld

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